"VAN-Life" Wir wollen Camping(wagen)

12.08.2020 Allgemein

Augen auf beim "Eier-Kauf"

Was haben wir nicht schon für „Merkwürdigkeiten“ in den letzten Monaten erlebt? Corona hat dafür gesorgt, daß praktisch nichts mehr so ist, wie es war. Und vermutlich auch nie wieder sein wird! Pauschalurlaub Marke „Fliegen, Saufen, Sonnenbrand“ ist vorerst Geschichte. Die Natur freut sich und der Mensch kann mal wieder durchatmen. Und das gleich im doppelten Wortsinn: Gute Luft und die Besinnung auf die Familie, Freunde und nicht zuletzt natürlich seine eigenen Bedürfnisse.

Das Camping oder Neudeutsch „Van-Life“ erlebt eine Renaissance wie nie zuvor. Das hat derzeit zur Folge, dass die Campingplätze an den schönsten Ecken in Deutschland ausgebucht sind, und die Händler von Wohnwagen und Wohnmobilen sowie Bussen und Van´s kaum noch mit den Lieferungen hinterher kommen. Es ist wie immer im Leben: Des einen Leid ist des anderen Freud. Denn nicht nur im Urlaub wird man häufig mit „Fake-Sonnenbrillen“ und „Luftmatratzen“ aus Styropor übers Ohr gehauen, auch schon vor dem Urlaub ist ein wacher Verstand gefragt.

DIE Gelegenheit ist "günstig"...

Wer kennt Sie nicht? Anzeigen mit dem „Top-Zustand“-Versprechen, und dem „Notverkaufs“-Label. Am Telefon folgender Wortlaut: „Ach…wir würden den Wagen ja auch gern behalten, aber wir haben neulich eine Familie von herrenlosen Hamstern bei uns aufgenommen und müssen jetzt auf ein größeres Fahrzeug umsteigen.“-„ Sie können sich das Fahrzeug natürlich gerne anschauen kommen, in einer halben Stunde kommt allerdings schon jemand.“ Und schon gährt in ihnen die Überlegung dieses vermeintliche Schnäppchen per Sofortüberweisung oder PayPal anzuzahlen. Die Gelegenheit kommt ja nicht so schnell wieder (sagt der kleine Mann in Ihrem Kopf). Erschwerend hinzu kommt, daß das Objekt ihrer Begierde rund 500 km entfernt steht (ist immer so). Den Telefonhörer noch in der Hand, hören sie sich selbst sagen: “Okay, ich schick Ihnen die Hälfte als Anzahlung und hole das Auto am kommenden Wochenende ab.“ Nach dem Tausch von Kontodaten bzw. E-Mail Adressen wird das Gespräch freundlich beendet, und sie freuen sich über Ihren „Schnapper“ mit einem selbstzufriedenen Grinsen.

Frauen haben meistens Recht

Und ab hier wird es jetzt hässlich. Nach Rücksprache mit ihrer Frau, und einem kurzen „Was-wäre-wenn-und-stell-dir-vor-Gespräch“ verändert sich plötzlich Ihr Bauchgefühl schlagartig zum Negativen, gefolgt von ihrem Kontostand. Das ungute Gefühl der Unwissenheit einer an sich wildfremden Person soeben einen Großteil ihrer Ersparnisse überwiesen zu haben wird ihnen von nun an bis zum Tag der Abholung 50 % der Nachtruhe rauben. Versprochen!

Nun sind sie Tage später mit Appetitlosigkeit und vor Schlafmangel verquollenen Augen endlich vor Ort angekommen. Frau und Familie stehen in Schockstarre vor einem (Ver)-Wohn(t)mobil und ringen um Worte während der Verkäufer mit seinem 60 Kilo Rottweiler die paar Hundehaare auf dem Bodenbelag schönredet, und über den bereits am Telefon (nicht) erwähnten Wassereinbruch von vor 2 Jahren an der Nordseeküste flucht. Da Ebbe und Flut ja immer in unregelmäßigen Abständen kämen wurde die Wohnkabine hinten links lediglich etwas „angefeuchtet“. Gegen den muffigen Geruch aus diesem Bereich wären noch ein paar Flaschen Febräs im Fach hinterm Klo. Mehr als ein leises „Aha“ kriegen Sie gerade nicht über die Lippen. Endlich wieder an der frischen Luft angekommen, geht es gleich weiter mit der „Werbetour“. Hier ein wenig polieren, dort ein bisschen ausbeulen, und unbedingt nochmal den Ölverlust am Motor checken lassen. „Ist halt kein Neuwagen…bei dem Preis! (Verkäufer lacht)“.

Einen Vertrag hätte er bereits vorbereitet und seinen neuen Pick-Up schon mal mit der Motorhaube vor das Wohnmobil gestellt. „Die Starthilfekabel sind etwas kurz!“, schallt es vom anderen Ende ihrer Neuerwerbung. Steht erst ein paar Monate…oder so…fügt der Verkäufer mit süffisantem Ton hinzu. Ihre Augen schweifen umher, auf der Suche nach Schaufel oder Spaten mit dem Sie die Situation „entschärfen“ könnten. Ist ja im Prinzip Notwehr denken Sie bei sich. Nur der Rottweiler könnte zum Problem werden. Auweia!

Während ihre Frau mit dem Gesichtsausdruck von Hannibal Lecter bereits im Netz nach guten Scheidungsanwälten sucht, und ihre beiden Kinder mit einer Schimmelpilz-Kultur in Form eines alten Joghurtbechers aus dem Bordkühlschrank neben ihnen stehen, ringen sie um Fassung. Warum sind sie hier? Um sich weinend in das Wohnmobil-Wrack zu setzen? Nein! Während der Verkäufer gerade mit Starpilot versucht dem alten Diesel in ihrem „Schmuckstück“ wieder ein Lebenszeichen zu entlocken, teilen Sie ihm mit, daß sie vom Kauf zurücktreten, und gern ihre Anzahlung zurück hätten. „Attilla, fass !!!“

Gut, diese gruselige Geschichte ist jetzt vielleicht etwas überspitzt, aber so oder so ähnlich spielt es sich beinahe täglich irgendwo auf der Welt ab. Weil die guten Schafe oft den bösen Wolf nicht vom Rauhaardackel unterscheiden können.

Ein Stück Heimat für Unterwegs

In den meisten Fällen ist der Kauf eines Campers oder Wohnwagens viel mehr Vertrauenssache als bei einem normalen PKW. Man kauft sich ein Stück Heimat. Ein Nest mit Rädern. Das Hotel „Wie-Zuhause“ in jedem Land. Da möchte man von Anfang an Urlaub haben, und keine bösen Überraschungen erleben. Egal ob beim Kauf, unterwegs oder am Ziel. Darum ist es wichtig, nicht nur einen seriösen Verkäufer zu finden, sondern auch das passende „rollende Schlafzimmer“. Schließlich kostet so ein Mittelklasse-Wohnmobil/Wohnwagen im guten Zustand auch gebraucht oft mehr als ein kompakter Neuwagen. Und da möchte man doch nicht an den oder die Falschen geraten.

Zu allem Überfluss ist so ein Fahrzeug viel komplexer als ein herkömmlicher PKW, und erfordert nicht nur einen KFZ-Mechatroniker sondern auch einen Trockenbau-Profi, einen Innenarchitekten und wenn es ganz dumm läuft einen Statiker. Darum nehmen sie sich Zeit, und engagieren sie einen Experten der bei der Besichtigung dabei ist.

Es gibt zum Beispiel viele technische Schwachpunkte über die ein gepflegtes Äußeres und ein tolles Extra hinwegtäuschen können. Wohnmobile und Wohnwagen stehen etwa 70% ihres Lebens irgendwo auf einem Campingplatz oder im heimatlichen Carport. Es sind Standschäden die bei diesen Fahrzeugen schnell zum Problem werden können. Dabei ist eine nicht funktionierende Auflaufbremse und 10 Jahre altes Motoröl ein eher preisgünstig zu behebender Makel. Alte Reifen mit „Standplatten“ und festgerostete Bremsen, leere Batterien, leckende Servolenkungen (im Stand benutzt), defekte Standheizungen, Solaranlagen voller Grünspan…diese Mängelliste ließe sich problemlos fortsetzen und eine weitere Seite füllen.

Fazit

In Zeiten wie diesen achten Sie bitte auf ihre Gesundheit und auf ihren Geldbeutel. Gerade beim Kauf hochpreisiger Dinge ist der böse Wolf oft als Rotkäppchen verkleidet. Niemand kann alles wissen, und keiner wird ihre Inkompetenz beim Autokauf belächeln. Weil das Ergebnis auch hier die Mittel heiligt. Wie sagte es doch unser Bundes-Jogi einst so treffend: „Wichtig isch, dass mer als Sieger vom Platz gehet.“

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